Vojta-Therapie

Neurologische Physiotherapie nach dem Vojta-Prinzip

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4. September 2022 von Heilnetz Redaktionsteam

Die Vojta-Therapie ist eine dynamische, neuromuskuläre Methode zur Behandlung von Erkrankungen des zentralen Nervensystems und des Bewegungsapparates. Die Technik beruht auf der Entwicklungskinesiologie und den Prinzipien der sogenannten Reflexlokomotion.

Geschichte der Vojta-Therapie

Die Vojta-Therapie, benannt nach dem tschechischen Kinderneurologen Prof. Dr. Vaclav Vojta, der diese ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in Deutschland entwickelte, ist eine etablierte physiotherapeutische Methode. Die ganzheitliche Behandlungsform eignet sich für Menschen jeden Alters, erzielt aber bei Säuglingen und Kleinkindern die beste Wirkung, da das zentrale Nervensystem noch modellierbarer ist. Die Behandlung erfolgt nach ärztlicher Diagnose, wobei die Kosten meist von der Krankenkasse übernommen werden. Je früher Bewegungsdefizite diagnostiziert und mir der Vojta-Methode behandelt werden, desto wirksamer.

Grundlagen der Vojta-Methode

Die Grundlagen der Vojta-Therapie bilden die Entwicklungskinesiologie und die Reflexlokomotion. Die Entwicklungskinesiologie ist eine Richtung der Kinesiologie, die sich mit der frühkindlichen Entwicklung beschäftigt, während die Reflexlokomotion die Reflexbewegung bezeichnet, insbesondere das Reflexumdrehen und Reflexkriechen.

Reflex meint eine unwillkürliche Bewegung, die als Reaktion auf äußere Reize erfolgt. Bei der Reflexbewegung gibt es eine koordinierte, rhythmische Aktivierung der gesamten Skelettmuskulatur und eine Antwort des zentralen Nervensystems auf verschiedenen Schaltkreisebenen. Die Vojta-Therapie ermöglicht den Patientinnen und Patienten trotz geschädigten Nervensystems bzw. Bewegungsapparats die Bewegungsmuster auszuführen, die bei gesunden Menschen automatisch und unbewusst ablaufen. Es gibt allerdings auch kritische Stimmen zur Vojta-Therapie.

Anwendung der Vojta-Therapie

Als Standardtherapie in der Physiotherapie kann die Vojta-Methode bei nahezu jeder Bewegungsstörung und bei zahlreichen Erkrankungen eingesetzt werden wie zum Beispiel bei:

  • Erkrankungen der Wirbelsäule und der Muskeln
  • Bewegungsstörungen bei Bandscheibenvorfall
  • Infantiler Haltungsasymmetrie
  • angeborener muskulärer Torticollis („Schiefhals“)
  • Zerebralparese
  • Ischialgie
  • Hüftdysplasie und andere Fehlstellungen
    Atemnotsyndrom (RDS)
  • Migräne
  • Multiple Sklerose
  • peripheren Lähmungen der Extremitäten (z. B. Plexusparese, Spina bifida, Paraplegie etc.)
  • diversen Myopathien
  • Problemen bei der Schluck- und Kaufunktion

Vojta beschreibt zehn verschiedene Zonen, die dem Menschen zur Stimulierung der motorischen Muster von Reflexbewegung zur Verfügung stehen. Die Therapeutin oder der Therapeut übt dabei leichten Druck auf eine bestimmte Reizzone (Muskeln oder Knochen) aus und erzeugt einen leichten Widerstand gegen die aktuelle Bewegung, um die unwillkürliche motorische Reaktion der Patientin oder des Patienten und die Ausführung bestimmter Bewegungsmuster zu evozieren.

Die Vojta-Methode kann in zwei Hauptphasen unterteilt werden: das Reflexkriechen (flach liegend mit der Brust nach unten und wieder nach oben) und das Reflexrollen (flach liegend mit der Brust nach oben und wieder nach unten). Die Reflexbewegung wird aus der Bauchlage, der Rückenlage oder der Seitenlage heraus aktiviert.

Die durch die Vojta-Therapie ausgelöste Reflexbewegung ist mit spezifischen Veränderungen der kortikalen und subkortikalen Gehirnaktivierung verbunden. Die taktilen Stimulationen an vordefinierten Körperzonen aktivieren das zentrale Nervensystem. Erfolgt die Stimulation korrekt und wird wiederholt ausgeführt, werden die erzeugten motorischen Muster vom Gehirn erlernt und die blockierten Nervenbahnen aktiviert und können schließlich (wieder) selbstständig von der Patientin oder dem Patienten ausgeführt werden, ohne dass es zu dauerhaften Störungen oder Lähmungen kommt. Darüber hinaus kann es vegetative Reaktionen wie Augenkoordination, Kiefer- und Zungenbewegungen, Darm- und Blasenkoordination, Saugen, Schlucken und Atmen aktivieren.

Evidenz der phsiotherapeutischen Methode

Einige Fallberichte sowie kontrollierte und experimentelle Studien sind zwar verfügbar, es fehlt aber an genügend Beweisen auf hohem Niveau, um die Verwendung und Wirksamkeit der Vojta-Therapie zu rechtfertigen. Eine qualitativ hochwertige randomisierte kontrollierte Studie zeigt allerdings, dass im Vergleich zu einer neurologischen Entwicklungsbehandlung (Bobath-Behandlung, Massage) in der Vojta-Gruppe eine statistisch signifikante Wirkung auf die infantile Haltungsasymmetrie erzielt wurde.

Gegenanzeigen

Bei entzündlichen oder fiebrigen Erkrankungen sollte die Vojta-Therapie nicht angewendet werden. Dasselbe gilt bei der Glasknochenkrankheit. Auch während einer Schwangerschaft sollte die Vojta-Therapie nicht eingesetzt werden. Bei einigen Muskel- und Herzerkrankungen raten Ärzt*innen ebenfalls ab.

Babys & Kleinkinder

Die Vojta-Methode ist umstritten, da die meisten Kleinkinder das Auslösen der Reflexzonen als sehr unangenehm empfinden und bei der Behandlung schreien. Es wird befürchtet, dass sie ihre Eltern als Aggressoren wahrnehmen und Bindungsängste oder andere psychische Probleme entwickeln könnten.

Gegen diese Vermutung spricht, dass Eltern und Kinder, die die Vojta-Therapie über Jahre gemeinsam durchleben, eine besonders enge Bindung aufbauen sollen. Es wird darauf hingewiesen, dass Babys in ungewohnten Situationen meistens schreien. Sobald Kleinkinder sich artikulieren und verstehen können, bleiben sie entspannt und beschweren sich nicht über Schmerzen.

Viele weitere Informtaionen zur Vojta Therapie finden Sie auf der Website der Internationale Vojta Gesellschaft e. V. und des Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten - IFK e. V.