Grenzen setzen

Familienbrett vier Holzfiguren stehen unterschiedlich nah beieinander, starkes Licht und Schatten
Doris Niebergall © Pixabay
1. September 2024 von Lillia Seifert

Unsichtbare Linien: Grenzen setzen als Selbstfürsorge. Warum ist Abgrenzung so wichtig und wieso haben wir manchmal Schwierigkeiten, unsere eigenen Grenzen wahrzunehmen, zu verstehen und zu wahren? Wir helfen dir dabei, Grenzen bewusst und effektiv zu setzen.

Unsichtbare Linien: Grenzen setzen als Selbstfürsorge

Fühlst du dich manchmal überfordert, weil du stets für andere da bist, aber kaum Raum für dich selbst hast? Fällt es dir schwer, „Nein“ zu sagen und deine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen?

Dann ist es an der Zeit, dem Thema „Grenzen setzen“ mehr Beachtung zu schenken. Grenzen zu setzen ist keine Form von Egoismus, sondern vielmehr ein Akt der Selbstfürsorge. Er hilft dir, dein Gleichgewicht zu wahren und deine Energie zu schützen.

In diesem Artikel erfährst du, warum Abgrenzung so wichtig sein kann und wieso wir Schwierigkeiten haben, unsere eigenen Grenzen wahrzunehmen, zu verstehen und zu setzen. Außerdem helfen wir dir dabei, Grenzen bewusst und effektiv zu setzen.

Grenzen setzen – was bedeutet das?

Grenzen sind unsichtbare Linien, die bestimmen, wo deine Bedürfnisse enden und die der anderen Menschen beginnen. Diese Grenzen können physisch, emotional, mental oder spirituell sein. Oft werden sie als Einschränkungen wahrgenommen, dabei sind sie essenzielle Hilfsmittel, um deine persönlichen Werte zu wahren und dich vor Überlastung zu schützen. Das Setzen von Grenzen ist eine heilsame Fähigkeit, die dir ermöglicht, dich selbst und andere zu respektieren und damit gesunde, ausgeglichene Beziehungen zu führen.

Grenzen und Kindheit: Wo liegen die Wurzeln?

Warum fällt es manchen Menschen so schwer, Grenzen zu setzen?

Die Psychologie sagt: Unsere frühesten Erfahrungen prägen, wie wir später im Leben Grenzen wahrnehmen und setzen. Wächst ein Kind in einem stark kontrollierenden Umfeld auf, entwickelt es entweder das Bedürfnis, sich ständig anzupassen, um Konflikte zu vermeiden, oder es lehnt sich gegen Einschränkungen auf. Diese Verhaltensweisen können auch im Erwachsenenalter bestehen bleiben und dazu führen, dass Grenzen schwer gesetzt oder akzeptiert werden.

Menschen, die als Kinder gelernt haben, ihre Bedürfnisse zu unterdrücken, um Harmonie zu wahren, haben als Erwachsene oft Schwierigkeiten, „Nein“ zu sagen. Das so genannte People-Pleasing kann zu innerem Ungleichgewicht und Unzufriedenheit führen, da sie ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigen, um Konflikte zu vermeiden.

Wie kannst du alte Muster überwinden?

„Du musst dein Ändern leben“ – Rilke, Rainer Maria

Der erste Schritt zur Veränderung besteht darin, die unbewussten Muster aus der Kindheit zu erkennen. Diese Automatismen zu durchbrechen, erfordert Mut und Selbstreflexion. Es gilt, zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart zu unterscheiden. Alte Programme dürfen „umgeschrieben“ werden, um gesündere Verhaltensweisen zu entwickeln.

Psychologische Unterstützung kann helfen, tief verwurzelte Muster zu erkennen und zu verändern. Selbstreflexion und der bewusste Umgang mit eigenen Gefühlen und Bedürfnissen ermöglichen es dir, diese Muster zu durchbrechen und gesündere Grenzen zu setzen.

Warum sind Grenzen so wichtig?

1. Grenzen schützen deine mentale und emotionale Gesundheit

Ohne klare Grenzen läufst du Gefahr, dich zu überanstrengen und emotional auszubrennen. Besonders wenn du die Bedürfnisse anderer ständig vor deine eigenen stellst, kann dies langfristig zu Erschöpfung und Stress führen. Klare Grenzen erlauben es dir, dir selbst Raum und Zeit zum Auftanken zu geben, um in Balance zu bleiben.

2. Grenzen stärken deine Selbstwahrnehmung

Grenzen setzen bedeutet, sich selbst gut zu kennen und die eigenen Bedürfnisse klar zu formulieren. Durch Selbstreflexion kannst du besser verstehen, was dir gut tut und was dir schadet. Diese Klarheit führt zu einem stärkeren Selbstwertgefühl, da du dir selbst die Erlaubnis gibst, für deine eigenen Bedürfnisse einzustehen.

3. Grenzen fördern heilsame Beziehungen

Indem du klare und respektvolle Grenzen setzt, machst du deinem Umfeld deutlich, was du brauchst und erwartest. Dies sorgt für mehr Respekt und Verständnis. Beziehungen, in denen Grenzen klar kommuniziert werden, sind stabiler und weniger konfliktreich. Offene Kommunikation und gegenseitige Akzeptanz kreieren ein heilsames Miteinander.

Wie kannst du gesunde Grenzen setzen?

Der erste Schritt besteht darin, dir über deine eigenen Bedürfnisse klar zu werden. Dies erfordert Reflexion und Selbstbeobachtung. Frage dich: „Was brauche ich, um mich wohlzufühlen?“ und „Was ist mir eigentlich zu viel?“ Je besser du deine Bedürfnisse kennst, desto einfacher wird es, diese zu kommunizieren.

Grenzen setzen bedeutet, deine Bedürfnisse klar und deutlich zu kommunizieren. Sei respektvoll, aber auch bestimmt. Statt passiv deine Grenzen durch Rückzug zu signalisieren, solltest du proaktiv sagen, was du brauchst – beispielsweise: „Ich brauche heute Abend Zeit für mich.“ Hab dabei keine Angst vor Zurückweisung und akzeptiere, Menschen auch mal zu enttäuschen. Es ist wichtig, anzuerkennen, dass du nicht allen gerecht werden kannst. „Nein“ zu sagen, ist kein Zeichen von Schwäche. Es zeigt lediglich, dass du deine eigenen Grenzen respektierst.

Grenzen setzen ist ein kontinuierlicher Lernprozess. Beginne mit kleinen Schritten und setze Grenzen in Bereichen, die dir weniger unangenehm sind. Mit der Zeit wirst du sicherer darin und merkst, wie positiv sich dies auf dein Leben auswirkt.

Grenzen setzen im Alltag

Grenzen sind in allen Lebensbereichen wichtig – im Beruf, in der Familie, in Freundschaften und in der Partnerschaft. Es kann bedeuten, klare Arbeitszeiten zu definieren, Zeit für dich selbst einzuplanen oder in Diskussionen bei deiner Meinung zu bleiben. Wichtig ist, dass du selbstbestimmt entscheidest, wie viel du gibst und wie viel du für dich behältst.

Praktische Übung: Grenzen wahrnehmen

Suche dir ein paar Gegenstände, zum Beispiel kleine Spielfiguren, die du auf dem Boden platzierst. Jede Figur steht für einen dir nahestehenden Menschen, eine steht für dich. Fühle in dich hinein, welcher Abstand zwischen deiner und den anderen Figuren im Einklang mit deinen Bedürfnissen steht. Entscheide genau, wie weit du die Figuren voneinander aufstellst.

Nun lege mit Wolle oder einer Schnur Kreise um die Figuren, die für die Grenzen zueinander stehen. Unterscheide dabei zwischen deiner wahrgenommenen Grenze und der Abgrenzung, die du dir eventuell wünscht. Dafür kannst du die Übung wiederholen.

In dieser Übung wird schnell deutlich, wo dir jemand vielleicht zu nah ist oder du dich durch starke Abgrenzung abgelehnt fühlst. So kannst du leichter erkennen, in welchen Beziehungen du dir mehr Nähe wünscht und vor allem, wo deine eignen Grenzen liegen. Wenn Gefühle wie Trauer, Wut oder Schmerz aufkommen, lass sie zu.

Es kann es hilfreich sein, mit einem/r Therapeut:in oder Berater:in darüber zu sprechen. In unserer Heilnetz-Vermittlung findest du für dich und deine Bedürfnisse die passenden Anwender:innen ganzheitlicher Behandlungsmethoden.

Grenzen setzen als Selbstfürsorge

Grenzen zu setzen ist ein Akt der Selbstfürsorge, der dir hilft, dein Wohlbefinden zu schützen und heilsame Beziehungen zu führen. Es erfordert Mut, für sich selbst einzustehen. Indem du bewusste und liebevolle Grenzen setzt, schaffst du dir den Raum, den du brauchst, um dich selbst zu spüren, zu entfalten und gleichzeitig respektvolle, harmonische Beziehungen zu pflegen. Grenzen setzen ist ein Weg zu innerer Kraft und Balance – ein Weg, der bei dir beginnt.

 

Ein Beitrag von Lillia Seifert

Lillia Seifert im Heilnetz

Ein Artikel von
Lillia Seifert