Geburtsvertrauen von Jessica Lohmann

Revolution auf dem Geburtssektor

30. Mai 2021 von Martina Seifert

"Geburtsvertrauen" von Jessica Lohmann ist ein sehr berührendes, aufrüttelndes und zukunftsweisendes Buch. Ich lege es nicht nur werdenden Müttern und Vätern ans Herz, sondern allen, die sich für die möglichen Auswirkungen des Geburtsverlaufs auf unser Leben interessieren.

Traumatische Geburt

Für viele Frauen ist die erste Schwangerschaft eine wunderbare Lebensphase. Doch die Entbindung ist oft mit großen Schmerzen körperlicher und seelischer Art verbunden. "Etwa 20 % der Geburten werden von Frauen traumatisch erlebt, 10 % zeigen in den ersten Wochen nach der Geburt eine traumatische Stressreaktion.", heißt es in dem Artikel "Traumatische Geburtsverläufe: Erkennen und Vermeiden" von Kerstin Weidner, Susan Garthus-Niegel und Juliane Junge-Hoffmeister in der Thieme Zeitschrift für Geburtshilfe und Neonatologie. Jessica Lohmann spricht in ihrem Buch sehr offen über ihre Geschichte rund um die Geburt ihres ersten und schließlich zweiten Kindes, die unterschiedlicher nicht sein könnten, denn zwischen den Geburten findet ein tiefer "innerer Wandel" und Heilungsprozess statt.

Geburtsvorbereitung

Die erste Schwangerschaft der Autorin verläuft völlig problemlos. Gedanken, wie und wo die Geburt stattfinden soll, machen sich die werdenden Eltern nicht. Aus praktischen Gründen entscheiden sie sich für eine Geburt im Krankenhaus. Auch der Wahl einer Geburtshelfer*in schenken sie keine besondere Beachtung. Doch der Glaube, das medizinische Personal wisse schon, was zu tun sei, rächt sich.

Geburt und Trauma

Jessica Lohmann erlebt eine traumatische Geburt. Die Folgen sind verheerend, sowohl für die Mutter als auch das Kind. Die Autorin leidet unter Panikattacken, Angst, Schuldgefühlen, Verfolgungswahn und Scham. Ihr Sohn zeigt massive Einschlafprobleme. Zunächst sucht die Mutter die Schuld bei sich, was die Situation verschärft. Schließlich versucht Jessica Lohmann der Sache auf den Grund zu gehen, fordert den Geburtsbericht an und geht diesen mit einer ihr empfohlenen Hebamme durch. Endlich sieht sie wieder Licht am Ende des Tunnels.

Beginn der Heilung

Es beginnt eine intensive Auseinandersetzung und Recherche zum Geburtsverlauf und den Medikamenten, die ihr während der Entbindung verabreicht wurden, sowie zu Themen wie Gewalt in der Geburtshilfe, Hausgeburten, Kaiserschnitt, schmerzlose Geburt und zu den Zusammenhängen von Geburt und Sexualität sowie Geburt und Urvertrauen. Dabei bezieht sich die Autorin unter anderem auch auf interessante wissenschaftliche Studien.

Die zweite Geburt – eine "starke Erfahrung"

Schließlich wird Jessica Lohmann ein zweites Mal schwanger. Doch jetzt soll alles anders werden. Mit Unterstützung durch ihren Mann und ihre Hebamme entscheidet sie sich für eine Wassergeburt in der eigenen Wohnung. Zudem lässt sie sich von einer Heilpraktikerin begleiten, die mit der Geburtsvorbereitungsmethode HypnoBirthing arbeitet, eine Technik, die auf Aufklärung, Entspannung, Hypnose, sanften Massagen und Lockerungsübungen beruht. Jessica Lohmanns Heilung beginnt, eine Geschichte, die in einer "starken Erfahrung" mündet.

Fazit

Jessica Lohmanns Buch hat nicht den Anspruch eines medizinischen Ratgebers, sondern schildert auf tief bewegende Weise die Heilung ihres Geburtstraumas. Ihre Offenheit und ihr Engagement, traumatisierten Frauen ihre Weiblichkeit zurückzugeben, ursprüngliches Wissen zum Geburtsverlauf wiederzuentdecken und weiterzugeben, macht dieses Buch zu einem sehr wertvollen, richtungsweisenden Ratgeber. Auch wenn die Autorin selbst explizit darauf hinweist, dass ihr Bericht schwangere Frauen ängstigen könne, halte ich es für eine durchweg empfehlenswerte Lektüre mit präventiver Wirkung. Denn je offener Ängste, Befürchtungen oder Trigger rund um die Geburt angesprochen werden, desto mehr Vertrauen und Sicherheit ist für die Frau, aber auch für den/die Partner*in möglich. Zudem ist die aufrichtige Schilderung der psychischen Verarbeitung ihrer ersten Schwangerschaft und Geburt von transgenerationaler Bedeutung, denn nicht geheilte Entbindungen können die Gefahr der Entwicklung von Bindungsstörungen des Kindes mit sich bringen, die wiederum gravierende psychische und körperliche Erkrankungen für das Leben des Kindes zur Folge haben können.

Das Buch

"Geburtsvertrauen. Sollten Geburten tatsächlich Ereignisse zum Vergessen sein?" ist 2021 als Taschenbuch im Verlag tredition GmbH erschienen und für 14 € im Buchhandel vor Ort oder auch bei der sozialen Online-Buchhandlung buch7.de erhältlich.

Jessica Lohmann
Geburtsvertrauen. Sollten Geburten tatsächlich Ereignisse zum Vergessen sein?
Hardcover, 230 Seiten
ISBN: 3347063783


Die Autorin Jessica Lohmann

Als Ingenieurin für Umwelttechnik durchlief Jessica Lohmann verschiedene berufliche Stationen. Geschichten und Erfahrungen authentisch zu erzählen, ist ihr großes Anliegen. Die Idee zu ihrem ersten Buch "Geburtsvertrauen" entstand in der 5. Woche ihrer zweiten Schwangerschaft.

Ein Artikel von
Freie Autorin, Text, Lektorat