Was können wir heute noch von ihr lernen?

Hildegard von Bingen

Was können wir heute noch von ihr lernen?
© Biosun GmbH

von Gastbeitrag
(letzte Überarbeitung: 05. April 2020)

Unter den großen Frauengestalten des Mittelalters war Hildegard von Bingen (1098-1179) die wichtigste Wegbereiterin der Klosterheilkunde. Ihr enormes Wissen hat sie in ihren Werken „PHYSICA“ und „CAUSAE ET CURAE“ niedergeschrieben.

Obwohl seither schon fast 1000 Jahre vergangen sind, haben diese Erkenntnisse bis heute nicht an Bedeutung verloren. Unzählige Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika werden heute unter dem Namen Hildegard von Bingen verkauft. Diese beruhen meist auf Empfehlungen, die tatsächlich aus der Feder der Universalgelehrten stammen. Und das, obwohl ihre medizinischen und naturwissenschaftlichen Schriften erst spät, fast 800 Jahre nach ihrem Tod populär wurden.

Hildegard von Bingen jedoch nur als Heilerin und Namensgeberin für Naturheilprodukte zu sehen, greift viel zu kurz. Die Krankenfürsorge mit gut geführten Kräutergärten und speziellen sogenannten Infirmarien, Vorläufer der heutigen Krankenhäuser, war für den Benediktinerorden, dem auch Hildegard angehörte, von Beginn an ein wesentliches Standbein. So dürfen wir davon ausgehen, dass Hildegard durch ihre Arbeit in der Krankenfürsorge ihre praktischen Heilerfahrungen erwarb, die sie später in ihren Schriften für die Nachwelt aufbereitete.

Die große Frau war jedoch nicht nur gelehrt, sondern komponierte auch zahlreiche musikalische Bühnenstücke, die sich neuerdings großer Beliebtheit erfreuen. Hildegard-Festivals mit religiös-spirituellem Charakter finden an vielen Orten statt. Hildegard von Bingen, obwohl nie offiziell heiliggesprochen, ist zu einer Volksheiligen geworden.

Im Zentrum: Spiritualität

Die größte Aufmerksamkeit schenkte sie jedoch der Spiritualität im Glauben. Anders als heute spielte Religion im Mittelalter eine zentrale Rolle. Das ganze Leben war für Mönche und Nonnen, wie auch für das gemeine Volk an religiösen Angelpunkten orientiert: Das Kirchenjahr mit den christlichen Feiertagen, tägliche Gottesdienste bis hin zu den Stundengebeten im Kloster sollten den Menschen daran erinnern, ein gottgefälliges Leben zu führen.

Hildegard war eine gute Beobachterin und verachtete sowohl den Müßiggang, der unter den fast immer adligen Ordensbrüdern und –schwestern sehr verbreitet war, genauso wie die übertriebene Strenge, die sich in wochenlangem Fasten und Geißelungen äußerte. Als Benediktinerin predigte sie Mäßigung. Das tat sie auch in ihren Ernährungsempfehlungen, so wie es noch heute jeder gute Ernährungsberater tun sollte. Maßvoll zu essen bewahrt uns davor, Übergewicht oder Mangelerscheinungen zu entwickeln. Ein gutes Mittelmaß mit ausgewogener, abwechslungsreicher Auswahl von Speisen empfiehlt heute noch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Hildegard predigte auch Achtsamkeit. Respekt vor jedem Teil der Schöpfung bis hin zu sich selbst. Typisch für das Heilverständnis dieser Zeit war die Ganzheitlichkeit.

„Der Körper ist an keiner Stelle ohne Seele, weil sie mit ihrer eigenen Wärme den ganzen Körper durchströmt“. Den Körper getrennt von Geist oder Seele zu betrachten oder gar zu heilen war Hildegard fremd. Sie war allerding klug genug, diese drei Ansatzpunkte zusehen: „Drei Pfade hat der Mensch in sich, in denen sich sein Leben tätigt: die Seele, den Leib und die Sinne“. Trotz aller Fokussierung der Schulmedizin auf das Körperliche gilt die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) formulierte Definition für Gesundheit: „als Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“. Der Anspruch auf Ganzheitlichkeit ist also immer noch aktuell und gewollt. Nur leider sind die Vertreter unseres Gesundheitssystems meist so spezialisiert, dass wir die Ganzheitlichkeit nach bestem Wissen selbst in die Hand nehmen müssen.

Und dabei hilft uns wieder Hildegard von Bingen: Gesundheit und Zufriedenheit sollen nach Hildegard durch sinnerfüllte und achtsame Lebensführung erlangt werden. Dafür sind drei Bereiche zu beachten:  –Seelenheil, Leibeskraft und Sinne-

Seelenheil

Dem Seelenheil wird heutzutage immer weniger Bedeutung beigemessen. Seelsorge erscheint wie ein Begriff aus vergangener Zeit; dabei ist die Sorge um das eigene Seelenheil bei den Belastungen unserer modernen Welt unerlässlich. Hildegards Empfehlung, regelmäßig Besinnung im Gebet zu suchen, mag sich für den modernen Menschen fremd anfühlen, wenn Religion in seinem Leben nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Auch Meditation ist eine geeignete Möglichkeit zur Besinnung. Ein Innehalten sollte in jeden Alltag eingebaut werden. Schaffen Sie sich regelmäßig „Ruhe-Inseln“.

Leibeskraft

Die Leibeskraft, das Körperliche bei der Gesundheitspflege, steht schon so lange im Mittelpunkt, dass ihm kaum noch die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die gesunde Ernährung ist dabei nur ein Baustein. Ebenso gehört körperliche Aktivität dazu. Bei allem aber, so Hildegard, sollte das rechte Maß eingehalten werden. Obwohl es vor 1000 Jahren vermutlich nur wenig übergewichtige Menschen gegeben hat, zählt auch das Hildegardfasten zu ihren Empfehlungen. Eine solche Kur bricht mit schlechten Angewohnheiten und ist besonders in der heutigen Zeit dringend zu empfehlen.

Sinne schärfen

Die dritte Säule der Lebenskraft –Sinne schärfen- heißt bei Hildegard:

„Habe Liebe zum natürlichen Leben und mache von deinen fünf Sinnen rechten Gebrauch“. Schöner kann man Achtsamkeit nicht beschreiben. Gehen Sie also an die frische Luft und nehmen Sie die Düfte Ihrer Umgebung ganz bewusst war. Sinnhaftigkeit bedeutet aber auch, unsere intellektuellen Fähigkeiten zu fördern und regelmäßig zu fordern. Seine Talente ungenutzt zu lassen, kam für Hildegard ganz sicher nicht in Betracht. Gerade sie, die in einer Zeit lebte, in der man Frauen intellektuelle Fähigkeiten fast völlig absprach, hat sich mit ihrem unbändigen Wissensdurst und Mitteilungsdrang nicht nur Freunde gemacht. Es wäre ihr jedoch sicher als Frevel erschienen, ihren Überzeugungen nicht zu folgen.

Wir leben heute in einer Zeit, in der fast alles möglich erscheint. Strenge Lebensregeln gibt es scheinbar nicht mehr. Alles ist irgendwie unverbindlich geworden. Da ist es gut, einem Vorbild wie Hildegard von Bingen folgen zu können.

Die Autorin: Dr. Angelika Eule

Dr. med. Angelika Eule hat als Medizinerin einige Jahre im Bereich Naturheilkunde gearbeitet. Sie ist heute geschäftsführende Gesellschafterin der BIOSUN GmbH, die hochwertige Ohrkerzen und andere Produkte für die Naturheilkunde herstellt. Als Vorbildunternehmerin unterstützt sie Frauen auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Mit ihrem Mann und ihren fünf Kinder lebt sie in Kiel. www.beehannah.de

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