Nahtoderfahrung verändert Leben und Sterben

Sterben, wie ich will - Sabine Mehne

Nahtoderfahrung verändert Leben und Sterben
© Pixabay

von Martina Seifert, Texterin, Lektorin, Yogalehrerin
(letzte Überarbeitung: 21. Mai 2023)

Bedauerlicherweise bin ich erst nach dem Tod von Sabine Mehne auf sie aufmerksam geworden. Aber sie hinterließ uns zahlreich Bücher, Vorträge und Interviews rund um das Thema Nahtod, Sterben und Tod, die von zeitloser Qualität und ungeheurem Wert für uns sind, die wir alle sterbliche Wesen sind.

Mehr Raum für Tod und Transzendenz

Jede und jeder von uns wird in der ein oder anderen Situation mit dem Tod konfrontiert und meist nicht erst, wenn wir selbst sterben. Aber längst nicht alle von uns kommen in die Erfahrung eines Nahtodes. Dennoch wissen wir alle um unseren Tod oder aber werden schmerzhaft mit dem Tod eines geliebten Menschen konfrontiert, der uns die eigene Vergänglichkeit deutlich vor Augen führt. Vielleicht haben wir uns aber auch dafür entschieden, beruflich oder ehrenamtlich andere Menschen in ihrem Sterbeprozess zu begleiten, um Tod und Transzendenz mehr Raum in unserem Leben zu geben. Wie auch immer, als lebende Wesen sind wir dem Tod geweiht, auch wenn wir dies nicht wahrhaben wollen.

Tiefgreifende Nahtoderfahrung

Eine Nahtoderfahrung kann eine prägende Wirkung auf unser Leben und Sterben haben. So war es zumindest bei Sabine Mehne, die 2022 verstarb. Sie erkrankte bereits in den 90er Jahren an Krebs und erlebte eine tiefgreifende Nahtoderfahrung. Seitdem engagierte sie sich auf unterschiedliche Weise für ein selbstbestimmtes Sterben. Als Mutter von drei Kindern arbeitete sie zuvor als Physiotherapeutin und systemische Familienberaterin, schrieb schließlich Bücher über ihre Erfahrung, hielt Vorträge, gab Interviews und gründete das Netzwerk Nahtoderfahrung e. V.

Doku „Sterben, wie ich will“

Im Februar 2023 sah ich im Fernsehen durch Zufall die zweiteilige Dokumentation über Sabine Mehne: „Sterben, wie ich will“. Der Filmautor Andreas Graf begleitete die Darmstädterin die letzten 18 Monate ihres Lebens mit der Kamera und lernte dabei nach eigenen Aussagen, „...dass man sich aufs Sterben freuen kann.“ (Quelle: hessenschau.de) Vielleicht machen nicht alle Zuschauer*innen diese Erfahrung, doch Sabine Mehnes ausdrücklicher Wunsch zu sterben, ihre intensive Vorbereitung auf den Tod und die damit verbundene Freude, aber auch Trauer verändert unseren Blick auf das Sterben, den Tod und damit auf uns selbst. Und genau das war dieser empfindsamen Frau ein großes Anliegen, dass wir die mystische Dimension und damit auch das Sterben und den Tod mehr in unseren Alltag integrieren.

Nahtoderfahrung – ein mystisches Erlebnis

In ihren Vorträgen, Interviews und Büchern wird immer wieder deutlich, dass Sabine Mehne ihre Nahtoderfahrung als ein mystisches Erlebnis auffasst, und zwar in einer Tiefe, die an Aussagen großer weiser Frauen und Männer verschiedener spiritueller Traditionen erinnern: „In der Nahtoderfahrung erkenne ich mich selbst… unterm Strich bin ich etwas, wofür es keine Worte gibt, ...wo ich größer bin als ich bin,... wo ich mich übersteige. ...wir haben uns mal irgendwann darauf geeinigt, diese Dimension Gott zu nennen, also etwas, was größer ist als alles, was der Mensch und die Menschheit und die Natur ist. ...in der Nahtoderfahrung habe ich mich quasi gespiegelt in diesem Licht, in diesem Unfassbaren und das ist meine wahre Natur. Das bin ich ganz und gar.“ In einem ihrer Interviews spricht Sabine Mehne sogar von Erleuchtung, die wir mit der Nahtoderfahrung regelrecht „geimpft“ bekämen. (Quelle YouTube: „Ich habe erlebt, dass ich ohne Körper existieren kann.“ | Sabine Mehne im Gespräch)

Dualität, Einheit und Transzendenz

Ein Kennzeichen der mystischen Erfahrung oder auch Einheitserfahrung ist das Erleben der Nondualität: „ ...es ist keine Sehnsucht mehr [in mir]. Es ist jetzt die tiefe Überzeugung, dass ich das, was wir Jenseits nennen, ... jetzt schon bin. Für mich gibt es ...nicht mehr die Frage nach der jenseitigen Welt, …für mich ist die jenseitige Welt genauso diesseitig, wie die diesseitige Welt jenseitig ist…“. (Quelle: YouTube)

Sichtlich betroffen stellt sich Sabine Mehne die Frage: „Warum haben wir nichts dazugelernt als Menschheit, mit den ganz vielen Krisen und mit der ...Gewalt und mit den ständigen Kriegen? Warum können wir es einfach nicht schaffen, in Liebe und in einer Gleichheit... zu leben? Warum schaffen wir das nicht? ...ich glaube, wir schaffen das nicht, weil das irdische Leben in der Dualität gefangen bleibt.“ (Quelle: YouTube)

Traut euch zu lieben!

Sabine Mehnes Wunsch war es, uns Menschen zu ermutigen, uns zur Liebe zu bekennen: „Leute, traut euch mal zu lieben!“ (Quelle: YouTube) Und dies könnte gelingen, wenn wir die mystische Erfahrung und damit auch den Tod wieder sanft in unser Leben hineinnehmen und uns von den Sterbenden die Augen öffnen lassen, während wir ihnen die Augen schließen (Abwandlung eines Zitats von Sabine Mehne), - sei es im Bildungswesen, in der Palliativmedizin oder der Hospizarbeit. Dieser Aufgabe hat sich Sabine Mehne in den letzten Jahren mit Hingabe gewidmet. Unermüdlich hat sie in Vorträgen, Interviews, Büchern und persönlichen Gesprächen die Essenz ihrer Nahtoderfahrung geteilt. Ich danke dieser mutigen Frau für ihre Arbeit und lege sie jedem Menschen ans Herz.

Viele weitere Informationen, Medien, Interviews u. a. sind auf der Webseite sabine-mehne.de zu finden.

Ein Artikel von Martina Seifert

Freie Autorin, Text, Lektorat

Hegede 6
33617 Bielefeld

www.martinaseifert.de

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